Keine Präklusion bei erstinstanzlich nicht zurückgewiesenem Beweisangebot

Alle Angriffs- und Verteidigungsmittel sind in einem gerichtlichen Verfahren so rechtzeitig vorzubringen, wie es einer Partei, die sich auf ein Angriffs oder Verteidigungsmittel berufen will, nur möglich ist.

Angriffs- und Verteidigungsmittel können nicht mehr in der zweiten Instanz vorgebracht werden, soweit sie der Partei, die sich darauf berufen will, schon vorher bekannt waren oder bekannt sein mussten.

Wurden Angriffs- oder Verteidigungsmittel bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der ersten Instanz nicht vorgebracht bzw. wurden diese zunächst vorgebracht, dann aber wieder fallen gelassen, so sind diese Angriffs- und Verteidigungsmittel als neu anzusehen.

Ob ein in der ersten Instanz angetretener Sachverständigen- oder Zeugenbeweis, der mangels Einzahlung des angeforderten Kostenvorschusses nicht erhoben wurde, als neues Angriffs- und Verteidigungsmittel anzusehen ist, ist streitig. Insbesondere sind zumeist lediglich Angriffs- und Verteidigungsmittel, die im ersten Rechtszug zu Recht zurückgewiesen worden sind, ausgeschlossen. Um eine Zurückweisung handelt es sich jedoch nicht, wenn ein Antrag auf Vernehmung eines Zeugen oder auf Einholung eines Sachverständigengutachtens bei unterbliebener Einzahlung des angeforderten Auslagenvorschusses lediglich unbeachtet bleibt und das Gericht lediglich ausführt, das Gutachten sei nicht eingeholt worden, weil die angeforderte Vorschusszahlung unterblieben ist.

Das Rechtsmittelgericht darf weder eine von der Vorinstanz unterlassene Zurückweisung nachholen noch die Zurückweisung auf eine andere als die von der Vorinstanz angewendete Verspätungsalternative stützen.
 
Bundesgerichtshof, Urteil BGH VIII ZR 69 16 vom 31.05.2017
Normen: ZPO § 531 Abs. 2
[bns]